Die Bürgerinitiative „Rheinpassagen“ hat sich zum Ziel gesetzt, das Welterbe Oberes Mittelrheintal im Sinne des UNESCO-Leitgedankens so zu erhalten, dass es „unversehrt an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben ist“.
Herzstück des Welterbes ist das Loreleyplateau. Es wird umgestaltet. Die Loreleybühne ist erweitert und nun mit seinem weißen Zeltdach im Welterbetal nicht mehr zu übersehen. Der zweite Bauabschnitt folgt jetzt. Das Loreleyplateau befindet sich in der Umgestaltungsphase von der Naturfläche hin zu einem sogenannten „Landschaftspark“. Ein Bauabschnitt ist abgeschlossen, weitere sind in der Vorbereitung. Wesentliche Veränderung wird der Hotelkomplex bringen, der auf und am Gelände des ehemaligen Campingplatzes errichtet wird. Das mindestens Viersternehotel mit Wellnessbereich und mehreren Restaurants wird nach den bekannt gewordenen Plänen als dreiflügeliger Bau in einer Höhe von bis zu sechs Geschossen gebaut und im Ganzjahresbetrieb als Tagungshotel betrieben werden. Zusätzlich werden dort fünfzehn Ferienhäuser mit je sechs Geschossen und einer Gesamtkapazität von 800 Betten errichtet. Die Erschließung des Plateaus ist durchzuführen und für den hohen Wasser-, Abwasser- und Energiebedarf auszulegen. Flächen für den Bau von Parkplätzen sind von der VG zu kaufen oder wurden bereits gekauft. Für den Hotelbau ist eine entsprechend große Ausgleichfläche zu beschaffen und zu unterhalten. Das ehemalige Turnerheim wird zu einem Restaurant umgebaut und soll von der VG Loreley über einen Pächter betrieben werden, der nur einen Bruchteil der Kosten übernimmt.
Das Gesamt-Investitionsvolumen wird auf mindestens 30 Mio. Euro einzustufen sein. Kosten- und Erfolgsrechnungen mit Aussagen zu den wirtschaftlichen Auswirkungen (Gewinne oder Verluste) sind für das Loreleyplateau nicht erstellt. Herr Bürgermeister Groß hat selbst dargelegt, dass es bis heute keine finanziellen Planungen für die Folgekosten gibt.
Alle zugänglichen Informationen sagen voraus, dass der Betrieb des Loreleyplateaus der VG Loreley dauerhafte Verluste bringen wird. Die Finanzlage der VG Loreley ist seit mehreren Jahren angespannt. Hier einige Schlaglichter aus den Haushaltsschreiben des Rhein-Lahn Kreis an die VG Loreley vom 21.2.2017 und vom 7.1.2020: „Eine geordnete Haushaltswirtschaft ist nicht mehr gegeben, mittel- und langfristig kann nicht mit ausgeglichenen Haushalten gerechnet werden, das Eigenkapital ist in vsl. 4 Jahren aufgezehrt, dann ist die VG bilanziell überschuldet und nicht mehr in der Lage, die originären Aufgaben umfassend zu erfüllen, das darf von den verantwortlichen Organen der VG nicht schicksalhaft hingenommen werden“ und: „nachfolgende Generationen zahlen zukünftig für ein Vermögen, das heute bereits verbraucht ist“.
Ein Überblick über die Finanzsituation der VG Loreley unter Berücksichtigung der Haushaltsschreiben des RLK
2017 | 2020 | 2023 | |
Verbindlichkeiten Gesamt | 15.670.000€ | 17.180.000€ | 2.090.000€ |
Freie Finanzspitze | – 649548€ | – 1.718.000€ | – 3.700.000€ |
Verschuldung Pro Kopf | 924€ | 1027€ | 1.260€ |
VG-Umlage % | 42,80 | 43,50 / 45,5* | ???** |
* Forderung des RLK für 2020 zur Einnahmeerhöhung
** Ein Prozent der VG-Umlage entspricht 151.140€. Die Kostenentwicklung für den Loreleyumbau bestimmt die VG-Umlage zur Deckung des Haushalts der VG.
Die Entwicklung
Trotz dieser sich immer weiter verschlechternde Haushaltssituation trat und tritt die VG Loreley als Bauherr für den Umbau des Loreleyplateaus auf. Kann die VG Loreley sich das leisten oder wird sich die ohnehin schon angespannte Haushaltslage weiter verschlechtern?
Hierzu einige Fakten
Die Folgekosten für die Unterhaltung des „Landschaftsparks“ liegen bei der VG Loreley. Einnahmen aus Eintrittsgeldern sind wegen des Einsatzes von Bundesmitteln nicht zu erzielen.
Die Planungen für den Umbau des Turnerheims zu einem Restaurant sind konkret (Niederschrift Sitzung VG-Rat vom 16.5.2019). Die Baukosten belaufen sich auf 3.000.000€. Mit dem Pächter ist die Zahlung eines Grundbetrags in Höhe von 3333.33€/Mon als Pacht vereinbart. Der kann sich dann erhöhen, wenn der Jahresumsatz über einen Betrag von 400.000€/Jahr hinausgeht (Umsatzbeteiligung 10%). Einer Investition in Höhe von mindestens 3 Mio.€ stehen einigermaßen gesicherte Einnahmen in Höhe von maximal 40.000€/Jahr entgegen. Die würden unter der Voraussetzung, dass die Pachteinnahmen regelmäßig und in der vereinbarten Höhe erreicht werden in frühestens 75 Jahren zu amortisieren sein, wobei Kapital-, Betriebs- Abschreibungs- oder Unterhaltungskosten nicht berücksichtigt sind. Das Risiko einer Pachtminderung durch Umsatzrückgang oder des Pachtausfalls bei Kündigung des Vertrages (gleich von wem) liegt bei der VG Loreley.
Die VG Loreley berücksichtigt die Vorschläge des Pächters zur Ausgestaltung des Restaurants ohne, dass sich der Pächter an den Kosten beteiligen muss und ohne Verpflichtung zur Erstattung von Kosten bei einer vorzeitigen Vertragskündigung.
Im Städtebaulichen Vertrag (StVertrag) zwischen dem Investor und dem Planungsverband Loreley für das Hotelprojekt ist vereinbart
- Der Investor stellt in Aussicht, sich an den Erschließungskosten zu beteiligen. Die über eine Beteiligung des Investors hinausgehenden Kosten verbleiben beim Planungsverband (§ 4 (2, a) StVertrag). Der hat aber keinen Haushalt und kein Geld.
- Der Planungsverband betraut die Verbandsgemeindewerke damit, ab dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (Dezember 2016) die für die Ertüchtigung der Entwässerungs- und Wasserversorgungsanlagen erforderlichen Planungen voranzutreiben (§ 4 (3) StVertrag). Im Haushaltsplan 2017 der VG Loreley sind 4.900.000€ für die Verbandsgemeindewerke eingestellt. Das zahlen am Ende alle Einwohner in der VG Loreley anteilig über die persönlichen Rechnungen.
- Der Investor verpflichtet sich, innerhalb einer Woche nach Inkrafttreten der 3. Änderung des Bebauungsplans zur Zahlung von (anteilig) 141.111,99 € (Der Planungsverband hat sie nicht eingefordert).
- Obwohl der Investor wegen seiner Bautätigkeit zur Schaffung von Ausgleichflächen verpflichtet ist, übernimmt er nur Kostenanteile für die Ausgleichsfläche. Die verbleibenden Kosten trägt demnach der Planungsverband. Die Folgekosten sind nicht geregelt, sie verbleiben demnach ebenfalls beim Planungsverband.
- Hinweis: Der Planungsverband ist Vertragspartner des Investors. Es wäre zu klären, wie der Planungsverband die Vereinbarungen im StVertrag ohne eigenen Haushalt erfüllen wird.
Die UNESCO hat zurückliegend die Zustimmung zum Bau eines Hotels mit 600 Betten verweigert. Auch dem Bau eines Feriendorfs in St Goar – Werlau verweigert sie die Zustimmung. Stuft die UNESCO die 15 Ferienhäuser zusammen mit dem Hotel als Feriendorf ein, oder sieht sie in der hohen (gegenüber der „alten“ Planung erhöhten) Bettenzahl einen Verweigerungsgrund zur Zustimmung, wäre das Projekt zu beenden. Die bis dahin entstandenen Kosten für Bauplanung oder Erschließung blieben beim Planungsverband.
Es sollen von der VG Loreley weitere Grundstücke auf dem Plateau für mehr als 400.000€ gekauft werden. Der Grundstückswert ergibt sich aus einem Gutachten, das die VG Loreley in Auftrag gegeben hat. Es bewertet die Grundstücke mit dem 13.5fachen Wert on landwirtschaftliche Flächen. Das gesetzlich gesicherte Vorkaufsrecht von Landwirten, die diese Grundstücke gerne kaufen möchten, wird ausgehebelt.
Die VG Loreley wird eine Multifunktionsfläche“ einrichten. Die Kostenschätzung für die Baumaßnahmen belaufen sich auf 600.000€ (Niederschrift Sitzung VG-Rat vom 16.5.2019). Der Kaufpreis für die Grundstücke ist unbekannt. Die Multifunktionsfläche soll der BUGA 2029 als Vorhaltefläche (Parkplätze für Pkw und Busse) dienen.
Das Löschwassersystem auf dem Loreleyplateau ist zurückliegend bereits als nicht ausreichend beanstandet worden. Mit der Ausweitung der baulichen Anlagen auf dem Loreleyplateau ist sie an die neuen Ansprüche anzupassen, neu zu erstellen. Die Kosten trägt die VG Loreley. Damit also wieder alle Städte und Gemeinden und alle Einwohner.
Ein Feriendorf auf der Loreley mit 800 Betten stellt eine massive, mit Steuermitteln geförderte Konkurrenz für alle Hotels und Gasstätten in der Region dar. Die Existenz dieser Betriebe ist gefährdet. Die Ortsgemeinden finanzieren diese Konkurrenz ohne Informationen über die Auswirkungen zu haben. Nach einem „Ausstieg“ des Investors aus dem Bau oder Betrieb des Feriendorfs werden dauerhafte Subventionspflichten entstehen, oder es kommt zu einer Bauruine auf dem Loreleyplateau. Alle üblichen Bürgschaften und Rückbaugarantien von Seiten des Investors wurden von der VG Loreley abgelegt.
Geplant ist zusätzlich die Errichtung einer „Kommunalen Loreley GmbH“. Der Vertragsentwurf sieht vor, dass jährlich bis zu 900.000€ an Verlusten über den Haushalt der VG Loreley übernommen werden. Die Kommunale GmbH nimmt damit zunächst die je Geschäftsjahr entstandenen Verluste aus dem Betrieb des Landschaftsparks auf, um diese dann letztlich wieder aus dem Haushalt der VG Loreley auszugleichen. Das kann nicht die Lösung des grundsätzlichen Problems sein, sondern nur eine Verlagerung auf eine andere Stelle ohne Mitsprache des Rates der VG Loreley darstellen.
§ 13 aus dem Vertragsentwurf für die GmbH:
(2) Jahresverluste der Gesellschaft werden von der Verbandsgemeinde Loreley allein abgedeckt. Die Verbandsgemeinde Loreley verpflichtet sich ferner, die Tilgung aller von der Gesellschaft aufgenommenen Darlehen sicherzustellen.
(3) Die Gesellschafter werden zur Deckung der anfallenden Kosten jährlich anhand eines Wirtschaftsplans (§ 11) im Voraus für das folgende Wirtschaftsjahr weitere Einzahlungen in die Kapitalrücklage (Betriebskostenzuschuss) beschließen. Der allein von der Verbandsgemeinde als Gesellschafterin zu leistende jährliche Betriebskostenzuschuss beträgt höchstens: 900.000€.
Damit haftet die VG Loreley unbegrenzt für alle Schulden der neuen kommunalen GmbH. Die Folge wäre wiederum die massive Anpassung der VG-Umlage bei allen Städten und Gemeinden. Der Rat der VG Loreley hat dann jedes Jahr nur noch die Option, alles an Geld für die GmbH freizugeben oder einem Insolvenzantrag zuzustimmen und damit das Scheitern öffentlich zu beschließen. Diese Situation kennen wir alle vom Nürburgring und daraus sollte man gelernt haben.
Für alle Projekte auf dem Loreleyplateau ist eine seriöse finanzielle Planung mit Erfolg versprechendem und kostendeckendem Betriebskonzept zu erstellen. Ohne diese Grundlagenplanung drohen allen 24 Ortsgemeinden der VG Loreley unabsehbare finanzielle Belastungen. Eine Übersicht dazu haben wir in der Anlage beigefügt.
Bitte diskutieren Sie alle diese Fragen und Unwegsamkeiten mit den Kolleginnen und Kollegen in den Räten und auch mit den Bürgern in Ihren Gemeinden. Letztlich muss ein Konzept herauskommen, dass alle Beteiligten mittragen können, weil der Umbau des Loreleyplateaus ohne jeden Zweifel der zukünftigen positiven Entwicklung der Kommunen dient und auch die Belange von Umwelt- und Naturschutz berücksichtigt. Der Bau von Straßen, Kranken- und Pflegeeinrichtungen oder Schulen und Straßen in den Ortsgemeinden ist viel wichtiger, als ein verwirklichtes Projekt eines Investors. Der Handlungsspielraum der Ortsgemeinden für eigene Projekte und Investitionen muss vorrangig bleiben und darf nicht unter den Verlusten auf dem Loreleyplateau leiden.
Es dürfte kaum Zweifel daran geben, dass das Loreleyplateau zum Erhalt ihres weltbekannten, einzigartigen Charmes der Renovierung bedarf. Das muss aber in einem finanziell verantwortbaren, betriebswirtschaftlich sinnvollem Maß erfolgen, und den Fortbestand des zentralen Punktes des Welterbes im Sinne der UNESCO berücksichtigen. Lassen Sie uns gemeinsam einem solchen Weg finden.
Quelle: Schreiben der BI-Rheinpassagen an alle Kommunen, Hotels und Gastronomiebetriebe der VG Loreley