Mittelrhein: Gefahrenstelle Loreley
Die Verbandsgemeinde Loreley leitet das Oberflächenwasser vom Loreleyplateau ohne Prüfung von möglichen Folgen in die Rheinhänge.
Weltberühmt ist der Loreleyfelsen mit der Sage von der Nixe, die dort vorbeifahrende Schiffer in ihren Bann zog und sie ins Unglück stürzte. Heute sind es andere Gefahren, die den Menschen im Tal drohen. Im Mittelrheintal passiert das jedes Jahr mehrfach, dass Felsen oder Geröll aus den steilen Hängen abbrechen und abstürzen, stellt die Forschungsstelle Hangrutschungen an der Johannes-Guttenberg-Universität in Mainz fest. Wasser ist immer der Auslöser für die Hangrutsche, aber auch die Folgen des Klimawandels und die Versiegelung von Naturflächen zählen zu den Ursachen, sagen die Forscher.
Derzeit wird das Loreleyplateau umgestaltet. Viele Flächen des bisher eher ursprünglichen Plateaus sind jetzt versiegelt mit der Folge, dass Oberflächenwasser in großen Mengen anfällt. Einer unter Federführung der Hochschule Koblenz erstellten Studie zufolge stellen dort, in St. Goarshausen, auch Starkregenereignisse mit Sturzfluten ein Problem dar. Die hohen Niederschlagsmengen des Starkregens überfordern kleine Bäche, Abwasser und Regenrückhaltesysteme. Die zuständige Verbandsgemeinde Loreley hat nun einen ganz einfachen Weg gefunden, diese Wassermassen loszuwerden: Sie lässt sie einfach in die Rheinhänge am Loreleyplateau laufen.
Unten am Fuß des Hanges verlaufen die Bahnlinie und die viel befahrene B 42. Ist geprüft worden, ob die Einleitung des Oberflächenwassers vom Loreleyplateau in die steilen Rheinhänge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zu Hangrutschen führt, oder sie begünstigt, das wollen nun besorgte Bürger wissen.
Der Hydrogeologe und Präsident der internationalen Gemeinschaft der Geoingenieure, Professor Rafig Azzam von der Uni Aachen, stellt dazu fest, dass vorab eine Standsicherheitsanalyse des Hanges hätte durchgeführt werden müssen. Es musste festgestellt werden, wie der Hang sich unter den neuen Gegebenheiten verhalten wird. Der Professor sagt klar: „Wenn man keine Analyse zur Standsicherheit des Hanges gemacht hat, halte ich die Sache für brisant“.
Der „Bauherr“, die zuständige Verbandsgemeinde Loreley, kann die Frage nach der Standsicherheit des Hanges nicht beantworten und verweist auf die Obere Wasserbehörde. Die hat mit einer Ausnahmegenehmigung den Bau der Wasserbecken in die naturschutzrechtlich besonders geschützten Rheinhänge am Loreleyplateau genehmigt. Sie erklärt zur Hangstabilität: „Ein Gutachten bezüglich der Folgen der Wasserabführung ist im wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren nicht üblich“.
Gebaut ist die Anlage demnach, ohne zu prüfen, welche Folgen die Wassereinleitung haben kann„ weil es nicht üblich ist“. Bei einem Hangrutsch sind aber die Menschen in Zügen der Bahnlinie und auf der Bundesstraße unten am Hang gefährdet. Auch Behörden sind nicht davon ausgenommen alles zu tun, um Menschenleben nicht zu gefährden. Ist jetzt mit amtlicher Hilfe der nächste Hangrutsch in der Verbandsgemeinde vorbereitet?
Dort weiß man ganz genau, wie gefährlich Hangrutsche sind. Im März 2021 waren in ihrem Gemeindegebiet, im Ortsteil Kestert, viele tausend Tonnen Felsgestein ins Mittelrheintal abgerutscht und hatten die Bahngleise und auch die B42 unter sich begraben. Wochenlang waren Bahngleise und Straße nicht befahrbar. Wieder einmal half das Glück, dass keine Menschen auf der Straße oder in Zügen zu Schaden kamen. Wird die Loreley zu einer neuen Gefahrenstelle?
Klaus Thomas
BI Rheinpassagen