Hotelprojekt auf dem Loreley-Plateau

Stellungnahme des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz zum Hotelprojekt der NIDAG AG auf dem Loreley-Plateau

Vorbemerkung

Der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz (RVDL) steht dem jetzt vorgelegten Entwurf für eine 700-Betten-Hotelanlage auf dem Loreley-Plateau wegen des enormen Bauvolumens, der ungelösten Parkplatzfrage und der damit verbundenen Zerstörungen des Landschaftsbildes sehr kritisch gegenüber, auch wenn er die Bemühungen der NIDAG AG um eine landschaftsverträgliche Hotelarchitektur auf dem Loreley-Plateau anerkennt. Der RVDL fordert daher sowohl das Land Rheinland-Pfalz, die Verbandsgemeinde Loreley, die Stadt St. Goarshausen, die Ortsgemeinde Bornich, die Kreisverwaltung des Rhein-Lahnkreises als auch die NIDAG AG als Investor dringend dazu auf, eine einvernehmliche Lösung zu finden, um das Bauvolumen der geplanten Hotelanlage zu reduzieren und auf einen Großparkplatz in unmittelbarer Hotelnähe zu verzichten, damit die UNESCO Welterbelandschaft Oberes Mittelrheintal auch auf dem Hochplateau des Loreleyfelsens in ihrer Besonderheit sichtbar und erlebbar bleibt. Diese international bekannte Kultur- und Naturlandschaft muss auch im Bereich des Höhenplateaus respektiert und geschützt werden und darf nicht ökonomischen Verwertungsinteressen und –zwängen, die zu irreversiblen Eingriffen in das Landschaftsbild führen, untergeordnet werden. Der RVDL fordert daher den Investor auf, so schnell wie möglich auch Ansichten des Hotelkomplexes von der Kreisstraße her vorzulegen und die tatsächlichen Ausmaße der Hotelbebauung durch das Aufstellen von Gitterstangen bzw. Baugespannen im 1:1-Maßstab auf dem Baugrund nachvollziehbar zu machen. Zudem rät er den Verantwortlichen, die Landschafts- und Denkmalverträglichkeit des Gesamtentwurfs vor Baubeginn unbedingt einer Überprüfung durch ICOMOS zu unterziehen. Nur so kann die bestehende Gefahr abgewendet werden, dass das Welterbe Oberes Mittelrheintal wegen eines überdimensionierten Hotelbaus auf die „rote Liste“ der UNESCO gesetzt wird und am Ende seinen Welterbestatus verliert.

Hotelanlage in einem international bedeutenden Landschaftsraum

An dem vorliegenden Entwurf zeigen sich geradezu beispielhaft die großen Probleme, die sich mit dem Bau einer 700-Betten-Hotelanlage in einer bislang weitgehend unbebauten, international bedeutenden Kultur- und Naturlandschaft ergeben. Der in der Nähe des Loreleyfelsens gelegene Baugrund – eine almartige Wiese mit Ausblicken auf die Höhenzüge der gegenüberliegenden Rheinseite – befindet sich nicht nur in der unmittelbaren Nähe eines der berühmtesten, durch Heinrich Heine und die Romantik weltweit bekannt gewordenen deutschen Erinnerungsortes, sondern auch im Zentrum einer der weltweit bekanntesten sowie landschaftlich, kultur- und geogeschichtlich bedeutendsten Flusslandschaften, die seit 2002 den Status eines UNESCO-Welterbes besitzt. Zu dieser Flusslandschaft gehören neben den vom Tal aus sichtbaren imposanten Felsformationen und Hanglagen mit ihren Burgen und kleinen Städten ganz wesentlich auch die Höhenzüge und hochgelegenen Landschaften des Rheinplateaus, unter denen dem Loreley-Plateau eine herausragende Bedeutung zukommt. Zusammen mit dem Loreleyfelsen ist es der sprichwörtliche Höhepunkt des Welterbegebiets.

Loreleyfelsen und Loreleyplateau bilden eine landschaftliche Einheit, die aus unterschiedlichen Perspektiven – von unten wie von oben – wahrgenommen und erlebt werden muss. Nähert man sich dem Loreleyfelsen im Tal auf dem Rhein von Süden, baut er sich nach einer engen Flusswindung abrupt in seiner ganzen Mächtigkeit vor dem Betrachter auf. Nähert man sich ihm hingegen auf dem Höhenplateau aus östlicher Richtung von der Landstraße St. Goarshausen-Bornich, öffnet sich zunächst der Blick über almartige Wiesen und sanft geschwungene Höhen bis zum Horizont auf ein gänzlich anderes, weitgestaffeltes Landschaftspanorama. Erst mit einer weiteren Annäherung lässt sich das Flusstal erahnen und davor der mythenumrankte Felsen der Loreley. Die in dessen Nähe erkennbar werdenden Bauten – so auch die von Bäumen umstandenen Aussiedlerhöfe der 1950er Jahre – haben sich bisher dem Gesamterscheinungsbild des Plateaus als großartigem Naturraum untergeordnet und damit auch die beschriebenen Ausblicke nicht beeinträchtigt.

700-Betten-Hotelanlage als Sperrriegel in der Welterbelandschaft

Die weitgehende Erhaltung dieser beeindruckenden Gegebenheiten mit ihrer kennzeichnenden Prägung durch Wiesen, Äcker und Waldareale sowie ihren Aussichtspunkten war ausschlaggebend für die Preisträger-Entscheidung in dem 2014 durchgeführten Wettbewerb „Hotelanlage auf dem Loreley-Plateau“. Selbst wenn der damalige Siegerentwurf nicht als Grundlage für die jetzt erfolgende Hotelbebauung dient und seine Gestaltung zur Kreisstraße hin ebenfalls Probleme aufgeworfen hätte, so liefert er doch wesentliche Orientierungspunkte für eine das Landschaftsbild respektierende Architektur. Der jetzt aktuelle Entwurf der NIDAG AG lässt diesen Respekt vor dem besonderen Landschaftsraum lediglich im Bauabschnitt der sog. „Weinbergterrassen“ erkennen, während vor allem die geplanten 15 Hotelvillen, die teilweise bis zu vier Geschosse hoch aufragen, den Landschaftsraum in der Gesamtansicht wie mit einem monumentalen Sperrriegel zubauen würden. Eine Bebauung der an die Kreisstraße und den aufgegebenen Campingplatz grenzenden Wiese in einer Dichte und Dimensionierung, wie sie die aktuellen Pläne der Investoren vorsehen, sowie die Anlegung eines privaten Großparkplatzes entlang der gegenüberliegenden Seite der Kreisstraße würden dieser einmaligen Höhenlandschaft einen irreparablen Schaden zufügen. Da von diesen Hotelvillen und dem geplanten Großparkplatz bislang nur computersimulierte Fern- und Draufsichten gezeigt wurden, die das Problem der Sperrriegelwirkung kaschieren, während die für das Landschaftsbild so wichtige Ansicht von der Kreisstraße her vollkommen fehlt, vermag sich die Öffentlichkeit von der Gesamtwirkung der Hotelanlage bislang kein zutreffendes Bild zu machen. Schon jetzt kann jedoch festgestellt werden, dass vor allem die Anzahl von 15 freistehenden Hotelvillen für das Landschaftsbild des Loreley-Plateaus äußerst nachteilig wäre und daher eine Reduktion um mindestens 5 Villen gefordert werden muss.

Ungelöstes Parkplatzproblem

Zu den dringlichen, noch vollkommen ungeklärten Problemen gehört aber auch die Lage der Parkplätze, die bei einer Gesamtkapazität der Hotelanlage von ca. 700 Betten ebenfalls ein enormes Raumvolumen beanspruchen. Dieses Raumvolumen kann aus Landschaftsschutzgründen keinesfalls – wie bereits vom Investor geplant – auf dem gegenüberliegenden, unmittelbar an der Kreisstraße befindlichen Wiesengrundstück geschaffen werden. Denn dadurch würde sich ein zusätzlicher weitreichender Eingriff in das Landschaftsbild ergeben, dessen Auswirkungen im Übrigen auch vom Hochplateau „Maria Ruh“ auf der gegenüberliegenden Rheinseite negativ sichtbar würden. Die Sichtbarkeit der Hotelanlage vom gegenüberliegenden Hochplateau ist auch grundsätzlich ein äußerst sensibler Punkt, zumal im Winter auch keine belaubten Bäume die Baukörper verbergen und daher unmittelbar im Sichtfeld liegen. Dieses Problem muss zufriedenstellend gelöst werden, selbst wenn das Hotel vom Rheintal aus unsichtbar bleiben sollte.

Gefährdeter Welterbestatus

Der RVDL sieht in dem überdimensionierten Bauvolumen und der Parkplatzfrage ungelöste zentrale Probleme, die einer positiven Gesamtbewertung entgegenstehen, auch wenn er das Bemühen der NIDAG AG um einen landschaftsverträglichen Gesamtentwurf durchaus anerkennt. Von daher fordert er die Investoren dazu auf, das Bauvolumen vor allem im Bereich der geplanten Hotelvillen zu reduzieren und die Landschafts- und Denkmalverträglichkeit des Gesamtentwurfs vor Baubeginn unbedingt einer Überprüfung durch ICOMOS zu unterziehen. Nur so kann die bestehende Gefahr abgewendet werden, dass das Welterbe Oberes Mittelrheintal auf die „rote Liste“ der UNESCO gesetzt wird und am Ende seinen Welterbestatus verliert.

Loreley-Plateau vom Spitznack