Die Verbandsgemeinde Loreley leitet das Oberflächenwasser vom Loreleyplateau ohne Prüfung von möglichen Folgen in die Rheinhänge.
Weltberühmt ist der Loreleyfelsen mit der Sage von der Nixe, die dort vorbeifahrende Schiffer in ihren Bann zog und sie ins Unglück stürzte. Heute sind es andere Gefahren, die den Menschen im Tal drohen. Im Mittelrheintal passiert das jedes Jahr mehrfach, dass Felsen oder Geröll aus den steilen Hängen abbrechen und abstürzen, stellt die Forschungsstelle Hangrutschungen an der Johannes-Guttenberg-Universität in Mainz fest. Wasser ist immer der Auslöser für die Hangrutsche, aber auch die Folgen des Klimawandels und die Versiegelung von Naturflächen zählen zu den Ursachen, sagen die Forscher.
Derzeit wird das Loreleyplateau umgestaltet. Viele Flächen des bisher eher ursprünglichen Plateaus sind jetzt versiegelt mit der Folge, dass Oberflächenwasser in großen Mengen anfällt. Einer unter Federführung der Hochschule Koblenz erstellten Studie zufolge stellen dort, in St. Goarshausen, auch Starkregenereignisse mit Sturzfluten ein Problem dar. Die hohen Niederschlagsmengen des Starkregens überfordern kleine Bäche, Abwasser und Regenrückhaltesysteme. Die zuständige Verbandsgemeinde Loreley hat nun einen ganz einfachen Weg gefunden, diese Wassermassen loszuwerden: Sie lässt sie einfach in die Rheinhänge am Loreleyplateau laufen.
Unten am Fuß des Hanges verlaufen die Bahnlinie und die viel befahrene B 42. Ist geprüft worden, ob die Einleitung des Oberflächenwassers vom Loreleyplateau in die steilen Rheinhänge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zu Hangrutschen führt, oder sie begünstigt, das wollen nun besorgte Bürger wissen.
Der Hydrogeologe und Präsident der internationalen Gemeinschaft der Geoingenieure, Professor Rafig Azzam von der Uni Aachen, stellt dazu fest, dass vorab eine Standsicherheitsanalyse des Hanges hätte durchgeführt werden müssen. Es musste festgestellt werden, wie der Hang sich unter den neuen Gegebenheiten verhalten wird. Der Professor sagt klar: „Wenn man keine Analyse zur Standsicherheit des Hanges gemacht hat, halte ich die Sache für brisant“.
Der „Bauherr“, die zuständige Verbandsgemeinde Loreley, kann die Frage nach der Standsicherheit des Hanges nicht beantworten und verweist auf die Obere Wasserbehörde. Die hat mit einer Ausnahmegenehmigung den Bau der Wasserbecken in die naturschutzrechtlich besonders geschützten Rheinhänge am Loreleyplateau genehmigt. Sie erklärt zur Hangstabilität: „Ein Gutachten bezüglich der Folgen der Wasserabführung ist im wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren nicht üblich“.
Gebaut ist die Anlage demnach, ohne zu prüfen, welche Folgen die Wassereinleitung haben kann„ weil es nicht üblich ist“. Bei einem Hangrutsch sind aber die Menschen in Zügen der Bahnlinie und auf der Bundesstraße unten am Hang gefährdet. Auch Behörden sind nicht davon ausgenommen alles zu tun, um Menschenleben nicht zu gefährden. Ist jetzt mit amtlicher Hilfe der nächste Hangrutsch in der Verbandsgemeinde vorbereitet?
Dort weiß man ganz genau, wie gefährlich Hangrutsche sind. Im März 2021 waren in ihrem Gemeindegebiet, im Ortsteil Kestert, viele tausend Tonnen Felsgestein ins Mittelrheintal abgerutscht und hatten die Bahngleise und auch die B42 unter sich begraben. Wochenlang waren Bahngleise und Straße nicht befahrbar. Wieder einmal half das Glück, dass keine Menschen auf der Straße oder in Zügen zu Schaden kamen. Wird die Loreley zu einer neuen Gefahrenstelle?
Die BI Rheinpassagen hat sich vor Ort über das Ausmaß der Baumfällungen auf dem ehemaligen Campingplatz auf dem Loreleyplateau informiert. Hier ein kleiner Überblick über das tatsächliche Ausmaß der Aktion „Bäume weg für ein Feriendorf“ auf dem Loreleyplateau. Überschlägig sind etwa 100 Bäume gefällt (eher mehr). Ein kleiner Rest in der Mitte des Grundstücks ist stehen geblieben, wohl als Alibi. Das Grundstück ist bis zu den Abrisskanten zum Rhein als Bauplatz hergerichtet. Jeder noch so niedrige Bau ist sowohl aus dem Tal, insbesondere aber von der gegenüberliegenden Rheinseite vom Aussichtspunkt „Maria Ruh“, von den Rheinhöhen um Urbar und natürlich auch vom rechtsrheinische Aussichtspunkt „Spitznack“ zu sehen. Selbst in die besonders streng geschützten Rheinhänge wurde eingegriffen.
Gerechtfertigt wird der Kahlschlag auf dem Plateau mit dem aktuellen Bebauungsplan. Landrat Puchtler erklärt, dass keine Genehmigung zum Fällen der Bäume erforderlich sei, weil der Bebauungsplan das zulässt (SWR Videotext vom 10.2.2021). Was ist das für ein Bebauungsplan, der solche Eingriffe mit einer solchen Abholzungsaktion zulässt? Muss nicht vorab in einen Bebauungsplan auch der Verbrauch von Natur und Landschaft einfließen? Für diesen Bebauungsplan ist vom Rhein-Lahn-Kreis aber die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung abgelehnt worden. BI Rheinpassagen sieht das als rechtlich sehr zweifelhaft an und lässt das derzeit prüfen.
Dieser Bebauungsplan ist für ein ganz anderes Hotel erstellt worden. Das war aus einem international ausgeschriebenen Wettbewerb als Sieger hervorgegangen. Es sollte etwa 220 Betten umfassen und als Weinberg gestaltet besonders landschaftsverträglich werden. ICOMOS war als Beratungsorgan der UNESCO in den Realisierungswettbewerb eingebunden.
Gebaut werden soll jetzt aber ein Hotel mit angrenzenden Ferienhäusern mit zusammen etwa 720 Betten. Der Bodenverbrauch ist entsprechend groß – 37.500qm. Die UNESCO weiß von den neuen Plänen offiziell nichts. ICOMOS ist in die neuen Baupläne nicht einbezogen, sie sind nicht mit der UNESCO abgestimmt. Das ist ein extrem gefährliches Spiel. Sollte die UNESCO dieses Feriendorf nicht akzeptieren, kann nur ein Schritt folgen: Die Rote Liste der gefährdeten Welterbestätten für das gesamte Obere Mittelrheintal und dann folgend die Aberkennung des Welterbetitels für das gesamte Welterbetal.
Die BI Rheinpassagen hat Landrat Frank Puchtler gefragt, wann und warum der RLK von den akzeptierten Bebauungsplänen abgerückt ist. Die Gefährdung des Welterbetitels muss ja auch dort gesehen werden. Warum wird diesem neuen Hotel- und Feriendorf ein gültiger Bebauungsplan bescheinigt? Die BI hat bisher keine Antwort erhalten.
Der Bürgermeister der VG Loreley, Mike Rheinland schreibt der BI: „Nicht zuständig“.
Der Investor, die NIDAG schreibt im Videotext es wurden etwa 20 Bäume gefällt. Nein, eindeutig nein!! Etwa 100 Bäume sind weg. Viele von ihnen mit Stammdurchmessern von bis zu einem Meter, offensichtlich viele Jahrzehnte alt. Die BI Rheinpassagen prüft derzeit, ob auch geschützte Bäume betroffen sind. Wer von den Lesern hier kann helfen?
Der Investor sagt auch, er habe mehrere großstämmige Bäume verschont und als Ausgleichsmaßnahme Nistkasten aufgehängt. Das ist angesichts der riesigen Umweltzerstörung geradezu zynisch: Die Bäume fällen, den Lebensraum der Tiere zerstören, dafür aber Nistkästen aufhängen.
Die Anfänge menschlichen Lebens am Mittelrhein liegen etwa 1 Million Jahre zurück. Die ältesten Funde vom Loreleyfelsen liegen in den Quartären Hauptterrassenschottern und haben ein Alter von 600.000 biss 800.000 Jahren. Es handelt sich um einfach zugerichtete Geröllwerkzeuge aus der Zeit des „homo erectus“.
Die ältesten Siedlungsreste im Bereich der Loreley datieren in die frühe Jungsteinzeit (Bandkeramische Kultur: 6. – 5. Jahrtausend v. Chr.) und belegen eine größere Gehöftanlage mit mehreren Gebäuden. Eine gelochte Steinaxt der späten Jungsteinzeit aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. stammt unmittelbar vom Felssporn.
Keramikfunde der späten Urnenfelderzeit aus dem 10./9. Jahrhundert v. Chr. vom Plateau der Loreley deuten auf eine erste Befestigung hin. Unterstrichen wird die besondere Bedeutung des Felsens in prähistorischer Zeit durch den Fund eines Bronzehalsringes der Unrnenfelderzeit.
Einige Hügelgräber aus frühkeltischer Zeit des 8. Jahrhunderts v. Chr. stehen in unmittelbarem Bezug zu den frühen Funden auf dem Loreleyfelsen. Eine weitere Höhensiedlung der keltischen Hunsrück-Eifel-Kultur des 6.-3. Jahrhunderts v. Chr. war mit Abschnittswällen befestigt, die das Siedlungsplateau zum Hinterland hin vollständig abriegelten. Die Befestigung bestand aus einer breiten Wallschüttung, in deren Kern sich eine für diese Zeit typische Holz – Erde – Mauer befand.
Quelle: Die Loreley – Verlag Philipp von Zabern – Mainz am Rhein
Die Loreley von Philipp von Zabern wurde anlässlich des Ausstellungsprojektes „Die Loreley: Ein Fels im Rhein – Ein deutscher Traum“ verfasst.
Der ehemalige Campingplatz auf dem Loreleyplateau ist ein noch verbliebenes Kleinod. Verbliebene Landschaft, Bäume, Büsche und der spektakuläre Blick hinunter zum Rhein prägen diese Idylle. Das Grundstück gehört jetzt einem Investor, der dort auf diesem „Sahnestück“ ein Feriendorf errichten möchte.
Hotelbaupläne gibt es schon seit mindestens 2012 für das Loreleyplateau. Doch hat die UNESCO für das Herzstück im Welterbe Oberes Mittelrheintal ein bedeutendes Mitspracherecht. Sie hatte den damals beantragten Bau eines Hotels mit 600 Betten abgelehnt: Zu groß, mit vier Geschossen zu hoch, sichtbar aus dem Tal und nicht vereinbar mit dem historischen Bezug zur Loreley. Ein international ausgeschriebener Architekturwettbewerb brachte als Sieger ein 220-Betten-Hotel in der Form eines Weinbergs hervor. Dieser ausgewählte Siegerentwurf wurde Grundlage für den jetzt gültigen Bebauungsplan auf dem Plateau.
Danach wird aber nicht gebaut. Der Investor, die norddeutsche NIDAG, hat ein eigenes Konzept entwickelt und der Öffentlichkeit vorgestellt: Ein jetzt fünfgeschossiges Hotel und zusätzlich 15 Ferienhäuser mit zusammen mindestens 700 Betten werden gebaut.
Für dieses Feriendorf kann der rechtskräftige Bebauungsplan nicht herangezogen werden, ist sich die BI Rheinpassagen sicher. Gründe: Dieses großräumige Feriendorf ist angepasst an die Forderungen der UNESCO so zu gestalten, dass der Welterbetitel nicht verloren geht. Die UNESCO kennt die neuen Pläne offensichtlich aber nur aus Berichten der BI Rheinpassagen. Die Neuplanung muss auch mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung verbunden werden fordert die BI. Die liegt nur für die verworfene Bauplanung für den Siegerentwurf aus dem internationalen Architekturwettbewerb vor. Bereits darin heißt es aber: „Als stärkster Eingriff sind die Rodungen der Gehölzbestände im Bereich des Campingplatzes und des Turner- und Jugendheims zu nennen Weder diese Baumbestände, noch die dort nachgewiesenen Tierarten dürfen Gefährdungen ausgesetzt werden“
Dennoch ist jetzt mit den Rodungsarbeiten auf dem Campingplatz begonnen worden.
Diese zahlreichen alten Bäume auf diesem Gelände, vorrangig Kiefern, Linden, Kastanien, Eichen und Ahorn; vermitteln einen letzten Eindruck von verbliebener Natur. Innerhalb des Gebietes wurden an verschiedenen Stellen Höhlenbäume entdeckt, die einzelnen Fledermäusen Versteckplätze bieten. Die Bäume auf dem Campingplatz werden nun abgeholzt, die letzte verbliebene Idylle auf dem Loreleyplateau verschwindet.
Die BI Rheinpassagen hat jetzt in einem Brief an Landrat Puchtler und an Bürgermeister Weiland die sofortige Einstellung der Abholzung gefordert. Dieser Brief und die Antworten dazu werden von der BI Rheinpassagen direkt an die UNESCO weitergeleitet. Die bereitet derzeit die 44. Sitzung des Welterbekomitees vor. Das Obere Mittelrheintal ist wegen der herausragenden Bedeutung als Kultur- und Naturlandschaft in die Welterbeliste aufgenommen. Erkennt das Welterbekomitee, dass dieses neue Feriendorf nicht den Kriterien für eine Kultur- und Naturlandschaft entspricht und bewertet sie die Eingriffe in die Natur in gleicher Weise, dann dürfte das wohl zum Eintrag in die „Rote Liste der gefährdeten Welterbestätten“ führen. Die BI Rheinpassagen möchte genau das verhindern.
Brief an Verbandsgemeinde Loreley Bürgermeister Mike Weiland von Prof. Dieter Kramer aus Dörscheid vom 06. 10. 2020
Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Von einem Aufenthalt aus Südtirol zurückkehrend, kann ich erst jetzt Kenntnis nehmen von den Beratungen zu dem Bebauungsplan „Loreley, 3. Änderung“ vom 03.09. 2020. Einige Überlegungen dazu möchte ich Ihnen zur Kenntnis geben.
Ich weiß: Alle Einwände, alle Vorschläge und Mahnungen kommen zu spät. Dennoch wundert es mich, dass seit Jahren von Klimawandel und Ressourcenerschöpfung die Rede ist, aber in den Planungen kein Gedanke darauf verwendet wird. Wenn es auch zu spät ist: Mindestens jetzt möchte man etwas Problemsensibilität erkennen können, und man würde erwarten, dass in etwas längeren Zeiträumen gedacht wird als in Wahl- und Legislaturperioden.
In Südtirol war ich beeindruckt davon, wie die Tourismusverantwortlichen von der Forschungseinrichtung EURAC und der gerade wiedergewählte Bürgermeister der Stadt Meran Paul Rösch sich auseinandersetzen mit den zu erwartenden Folgen der touristischen Belastungen von Stadt und Region: Die Stadt Meran versucht mit den verschiedensten Mitteln, den Autoverkehr in der Stadt zu minimieren und die Lebensqualität für Bewohner und Besucher damit zu steigern. Die Experten von EURAC führen Studien durch, wie man den Motorrad- und Autoverkehr über die überlasteten Dolomitenpässe vermindern kann. Und die ganze Region ist beunruhigt wegen der Folgen des Klimawandels. Es sind dort Extremwetterereignisse wie Starkregen (in vier Wochen haben wir zweimal solche Regen in einem sonst üblicherweise eher ruhigen Frühherbst erlebt) und Stürme (im Latemargebirge haben sie vor einiger Zeit ganze Wälder auf den Hängen zerstört). Bei uns sind es großflächig sterbende Nadelgehölze und, wie am Rhein beobachtbar, vorgezogene Herbstlaub-Verfärbungen an den Hängen.
Schon bei der Vorstellung des Gestaltungsvorhabens für die Loreley am 25.08.2020 war ich erschüttert, wie wenig die Projekte auf die schon lange erkennbaren ökologischen Veränderungen und Gefahren Rücksicht nehmen, und wie unsensibel sie auch auf die Belastungen durch wenig regulierten Tourismus reagieren.
Schätzt man heute die Folgen des Loreley-Tourismus richtig ein (nicht nur bezogen auf die Mengen, sondern auch auf die sozialen Begleiterscheinungen), und was hinterlässt man den Nachfolgenden?
Um zweierlei geht es mir im Folgenden: Um den historischen Ort „Loreley“ und um die Hotelplanungen auf dem ehemaligen Campingplatz an der Loreley.
Auf der vom Reicharbeitsdienst der Nationalsozialisten erbauten Freilicht-Arena werden in der Nachkriegszeit Stücke wie Wilhelm Tell von Schiller aufgeführt. Später gibt es erfolgreiche Pop-Konzerte (übrigens: Wenn die Hotel-Planer vermuten, die Geräuschbelästigung durch diese Konzerte sei vernachlässigbar, so kann ich nur sagen: Im mehrere Kilometer entfernten Dörscheid kann man immer erkennen, welche Band gerade spielt).
Turnerheim und Turnerdorf auf der Loreley stammen wohl aus den zwanziger Jahren. Die Turnerbewegung konnte zwar später von den Nazis vereinnahmt werden, aber sie war eine breit verankerte, auch mit der Weimarer Republik verbundene im Prinzip demokratische Bewegung. Mit Turnerinnen und Turnern konnten Menschen aus allen Teilen der Bevölkerung auf die Loreley kommen. In das geplante Hotel werden später nur die Bessergestellten kommen.
Kraftvoll wurde das Plateau durch die umgesetzten Planungen zerstört. Man hat es besuchergerecht „umgestaltet“, würden die Verteidiger der Veränderung gern sagen, aber genauso gut kann man sagen, dass es die Besucher loreleygerecht „umgestaltet“, nämlich sie konditioniert für einen neu konstruierten Mythos, der keine wirkliche Entsprechung in der Überlieferung findet.
Was waren da übrigens für Kulturwissenschaftler am Werk, die immer wieder als Berater genannt werden? Waren das alte Mythenforscher oder „moderne“ Konstrukteure für regionale Identitäten? Ein Europäischer Ethnologe oder ein Kulturtheoretiker kann es eigentlich nicht gewesen sein.
Die aktuellen Besucher des verunstalteten Loreley-Plateaus eignen es sich auf ihre Weise an: Der Zwangsrundgang auf dem gepflasterten Weg soll sie an bestimmten Stellen zur Versenkung in „mythische“ Themen zwingen. Aber auf der Loreley wollen sich viele Besucherinnen und Besucher als freie Individuen nicht einfügen in den (freilich noch nicht fertigen) Mythen-Weg mit verordneten Verweilstellen. Konsequent haben sie informell ihren eigenen Weg aus dem Zwangsrundgang (zurück zum Eingang) gebahnt, ohne Rücksicht auf die stachligen, leicht zu zerstörenden Zwergrosenstöcke. Inzwischen wurde dieser informelle Weg auch informell anerkannt, indem der Trampelpfad durch Steine kanalisiert wurde: Das sind kreative Reaktionen von Bürgern in einem demokratischen Staat.
Erschüttert war ich Ende August auf dem Weg zur Loreley, als ich vom Rhein aus die vielen lange vor dem Herbst bereits braun werdenden Laubbäume sah (die abgestorbenen Nadelbäume sieht man vom Tal aus kaum). Ähnlich erschüttert war ich, wie wenig bei dem Hotelprojekt auf die schon lange erkennbare und erwartete ökologische Krise reagiert wurde: Da war in der Projektion ein großer Parkplatz mit einem einzigen symbolischen Baum zu sehen. Der Parkplatz sollte sichtbar sein. Über ein unterirdisches Parkhaus wird nur nachgedacht, aber möglicherweise ist es der geologischen Verhältnisse wegen gar nicht realisierbar.
An alternative Personentransportmöglichkeiten, wie sie für andere touristische Hot-Spots existieren (z. B. für Hallstatt am Hallstätter See oder Bad Ischl), geplant oder in Erwägung gezogen werden, wird für das ganze Plateau nicht gedacht, eher wird eine (noch zu versiegelnde) „Parkplatzerwartungsfläche“ in Erwägung gezogen. Es ist eine überdeutlich geradezu zur Nutzung auffordernde jenseits der Straße gelegene, jetzt noch landwirtschaftlich genutzte Fläche.
Eigentlich ist das Loreleyplateau wie geschaffen für ein autofreies Gebiet. Fehlende Autos würden nicht als Verzicht empfunden, sondern als Gewinn an Lebensqualität und Attraktivität für das Plateau: Da könnten Volksfeste und Wettbewerbe stattfinden, internationale Begegnung und Gesangsfeste; Kinder, Jugendliche und Vereine der Region können ihr Leben in eigener Regie ohne Verzehrzwang gestalten. Eine Wiedereroberung des öffentlichen Raums könnte stattfinden.
Venedig braucht nicht als Beispiel hinzugezogen zu werden; da dürfen ja noch nicht einmal Fahrräder fahren. Aber manchen Venedig-Besuchern fällt erst auf, wenn sie wieder weg sind, dass sie die Stadt so angenehm empfunden haben, weil es dort weder Autos noch Motorräder oder Mopeds gibt. Andere touristische Ziele sind schon lange im Prinzip autofrei und belassen die Autos außerhalb in großen Parkanlagen, verbunden mit Shuttle, Seilbahnen oder schienengebundenem automatisiertem Verkehr wie der People Mover in Venedig. Man braucht es freilich nicht gleich so groß zu planen. Shuttle-Busse oder Seilbahnen reichen vielleicht auch. Bis zur Buga 2029 ist eigentlich noch genügend Zeit.
Ein Teil der nicht versiegelten Freifläche beim Hotel soll, um die Nutzer für Natur zu sensibilisieren, mit Obstbäumen bepflanzt werden, vielleicht sogar mit gefährdeten Sorten. Die sollen dann auch noch innerhalb der Amortisationszeit des Projektes Früchte tragen. Ich konnte 2018 beobachten, wie in der Rehabilitationsanlage Mettnau/Radolfzell die Gärtner zur Herbstzeit jeden Morgen mühevoll die herabgefallenen Äpfel auf den Kompostwagen luden. So etwas passt eigentlich nicht gut in ein knapp kalkuliertes Konzept –also ein Zugeständnis an potenzielle Kritiker?
Man erwartet 2020 von einer aktuellen Hotelplanung angesichts der schon seit Jahren bekannten ökologischen Krise wenigstens eine symbolische Reaktion. Von alternativer Energiegewinnung auf dem gewaltigen Plateau des Hotelhauptgebäudes keine Spur, eher scheint es eine „Wellnessbad-Erwartungsfläche“ zu sein.
Ob ohne die geringsten Maßnahmen zur Reaktion auf Klimawandel und ökologische Krise eine Baugenehmigung für ein solche Projekt überhaupt erteilt werden sollte, wäre zu prüfen.
Im obersten Stockwerk wird ein Tagungsbereich geplant, aber nicht einmal ansatzweise wurde darauf reagiert, dass Videokonferenzen auch nach dem Ende der Corona-Krise nicht aus der Mode kommen werden. Übrigens: Die Tagungsgäste sollen brav im Hotel bleiben können und dort alles geboten bekommen, was sie brauchen, und sie sollen nicht nach Frankfurt oder Koblenz in das dortige Nachtleben entfleuchen, damit sie am nächsten Tag wieder frisch und munter tagen könne. Ob das erfolgreich ist?
Das Hotel wir gepriesen als Arbeitsbeschaffungshilfe für die Region. Anscheinend hat man noch nie etwas gehört von Zimmerservice- und Reinigungsrobotern, von pflegeleichten Zimmereinrichtungen und von Reinigungsdiensten, die mit Billigst-Arbeitskräften aus dem europäischen oder globalen Ausland arbeiten, vielleicht als selbständige Kleinstunternehmer?
Bei den „Hotelvillen“ gibt man sich noch nicht einmal die Mühe, zum Bau lokale Firmen einzubeziehen: Sie werden aus (wenn ich recht verstanden habe) in Dänemark produzierten Fertigbauelementen rasch zusammengebaut.
So werden die Hoffnungen auf Auftrieb für lokale Handwerksbetriebe betrogen. Wird es mit den Zulieferern für Nahrungsmittel und Ähnliches anders sein? Wer in unserer Gegend produziert denn Convenience-Nahrungsmittel, die inzwischen einen hohen Prozensatz der servierten Speisen in Hotels ausmachen?
Und wie wäre es wenigstens mit einer Hackschnitzelheizung, wie sie im benachbarten Schulzentrum existiert? Ich kenne ein größeres Hotel in Österreich, das seine Heizung mit Meterholz betreibt (wenigstens bis zum Abend, eine Nachtschicht für einen Heizer war vor zehn Jahren noch zu teuer). Die Forstwirtschaft in unserer Region könnte angesichts der Waldschäden so etwas gut bedienen, statt dessen kommt wahrscheinlich Gas aus Schottland oder Russland.
Und der Wasserbedarf, auch ohne Wellnessbereich: Tröstend wird gesagt: Es gibt noch ungenutzte Wasservorräte in der Region. Noch nichts von Klimawandel gehört? Und Abwasser? Naturfreundehäuser und Berghütten bauen schon seit Jahrzehnten ihre eigenen Schilfkläranlagen, hier gibt es keine Spur von Überlegungen zur Abwasserbehandlung (man sagt, die regionalen Kläranlagen seien ohnehin überdimensioniert).
Fragen über Fragen. Solche Fragen werden es auch sein, die den heutigen Entscheidungsträgern von ihren Enkeln gestellt werden.
Erweckt wird von den Verantwortlichen der Eindruck: Lasst uns in Ruhe mit allem, was nicht mit Geld zu tun hat.
Immer ist die Rede davon, man wolle Entwicklung voranbringen. Als könne Wachstum unendlich sein! Und Entwicklung bezieht sich immer auf Umsatz, Kaufkraft und Geld. Soziale und sozialkulturelle Entwicklung in einer Region mit alternder Bevölkerung, integrationsoffenen Zuwanderern, abwandernden Jugendlichen und – mindestens teilweise – Mangel an ausgebildeten Arbeitskräften spielen keine Rolle (zu wieviel Ausbildungsplätzen kann man ein solches Hotel verpflichten?)
Keine Rolle spielen auch die politisch-sozialen Bruchlinien in einer Gesellschaft, in der die Kluft zwischen Arm und Reich wächst und in der Jugendliche Probleme haben, sich zu integrieren. Glücklicherweise gibt es in der Region noch ein einigermaßen funktionierendes Vereinsleben, Jugendfeuerwehren eingeschlossen. Aber haben die selbstorganisierten freien Zusammenschlüsse von Jugendlichen und Erwachsenen eine Chance, das Loreleyplateau wenigstens in Teilen als ihren Raum zu nutzen?
Bei den Turnern im Turnerdorf hatten Jugendliche und junge Erwachsene aus verschiedensten Milieus und aus ganz Deutschland ihre Chance, sich zu betätigen. Was für ein Publikum in dem Hotel einkehren wird, kann man sich vorstellen. Ist wenigstens daran gedacht, außer Rockkonzerten und Mittelaltermärkten andere kulturelle Ereignisse und Veranstaltungsformate zu pflegen (vielleicht auch ein Forum „Zukunftsfähige Lebensformen in ländlichen Regionen“?)
Früher wurde bei Hotelprojekten in Amortisationszeiträumen von 15-20 Jahren gedacht, danach muss Grundsanierung oder Abriß in Erwägung gezogen werden. Das benachbarte Patersberg fügt sich in ein solches Zeitschema ein. Um 1964 erbaut, wird es um 1986 in eine Anlage mit Appartmentwohnungen umgewandelt, 2020 wird das noch existierende (leere) Schwimmbad um den symbolischen Preis von einem Euro abgestoßen. Da hat auch jemand wie der Turner auf der Loreley in dem Gedicht von Erich Kästner seine Kräfte überschätzt – oder hat er von Anfang an auf einen solchen Ausgang spekuliert? In welchen Zeiträumen wird bei dem jetzigen Projekt gedacht? Darf man danach fragen? Die jetzt Lebenden erwarten das BuGa-Jahr 2029. Und danach? Die meisten der jetzt geborenen Kinder werden locker das Jahr 2100 erleben – was werden sie ihre Eltern fragen und ihnen vorhalten? Wie viele hoch angepriesene Projekte sind in den letzten Jahrzehnten schon zugrunde gegangen, und was wird sich mit und nach Corona und beim Klimawandel noch ändern?
Der Rat der VG Loreley hat dem Bau einer Hotelanlage auf dem Loreley-Plateau zugestimmt. Es umfasst das Event-Hotel „SlowDown Loreley“ mit fünf Etagen und 360 Betten. Ferner eine Tagungsetage, Restaurants und einen Wellnessbereich. Zusätzlich bis zu 15 Hotel-Villen mit bis zu 300 Wohneinheiten. Die Bebauung geht bis zur Abrisskante zum Rhein und bietet den besten Blick auf das Rheintal. Errichtet wird die Hotelanlage mit insgesamt etwa 800 Betten weitgehend auf dem 37.500m² großen Grundstück des Investors Norddeutsche NIDAG. Sie kann auf einen gültigen Bebauungsplan verweisen und verfügt über Erfahrung beim Verkauf von Immobilien.
Es ist derzeit nicht absehbar ob diese gigantische Hotelanlage auf dem Loreley-Plateau gebaut werden kann. Der Welterbestatus für das Obere Mittelrheintal steht auf dem Spiel.
UNESCO-Entscheidung
2013 verweigerte die UNESCO die Genehmigung für die großen Hotelgebäude, die für das Loreley-Plateau vorgesehen waren“. „Deny approval for the large-scale hotel buildings contemplated for the Loreley Plateau.“ Diese Entscheidung basierte auf Plänen, ein Hotel auf 26.000m² Grundfläche mit 600 Betten Kapazität zu bauen. Die Aussage von ICOMOS, der UNESCO-Beratungsorganisation, war klar: Vier Hoteletagen mit zusätzlichem Erdgeschoss, 200m lang, 120m breit, 9.000m² auf 28.000m² Gesamtfläche sind eine viel zu große Anlage. Sie sei viel zu hoch, viel zu dicht an der Rheinkante und generiere viel zu viel Rummel. Absolut nicht mit dem außergewöhnlichen universellen Wert dieser Welterbestätte vereinbar. Kein Bezug zum Mythos Loreley. Kein Bezug zur Mittelrhein-Baukultur und zur Kulturgeschichte des Plateaus. ICOMOS befand aber auch, dass ein kleineres Hotel akzeptiert werden könnte und empfahl einen Architektenwettbewerb für dessen Gestaltung.
Dieser UNESCO-Entscheidung folgte ein internationaler Wettbewerb. Man schrieb die Neugestaltung des Loreley-Plateaus einschließlich Hotel aus. Zu berücksichtigen war bei der Angebotserstellung die Besonderheit des Felsens. „Rhein und Plateau sind die Orte, an denen sich Besucher aus aller Welt einfinden, um den Spuren der Kulturgeschichte nachzugehen, dem Mythos nachzuspüren, oder einfach nur das Naturerlebnis des Aussichtspunktes zu genießen, er ist der zentrale Identifikationspunkt des Welterbes Oberes Mittelrheintal.“ So weist der Ausschreibungstext auf die besonderen Gestaltungsanforderungen hin.
SlowDown Loreley – Siegerentwurf
Der Siegerentwurf aus diesem Wettbewerb von 2014 sah ein Hotel mit 220 Betten und eingebunden in die Landschaft als Weinbergsanlage gestaltet vor. Es war von den umliegenden Aussichtspunkten nur wenig sichtbar. Vom Tal aus, unter Berücksichtigung der vorab festgelegten Sichtachsen, sollte es nicht zu sehen sein. Man leitete ein Bebauungsplanverfahren auf dieser Basis ein. Dieses erlangte auf Grund der gestalterischen Vorgaben aus dem Siegerentwurf Rechtswirksamkeit.
Jetzt soll in völliger Ignoranz des Ergebnisses aus dem Siegerentwurf des internationalen Wettbewerbs das SlowDown Loreley entstehen. Ein fünfgeschossiges Hotel, zusätzlich bis zu 15 Hotel-Villen und drei weitere Hotelgebäude auf dem 37.500m² großen Grundstück des Investors. Ein Gesamtkomplex mit bis zu 800 Betten, Restaurants, Wellness und mit Tagungsetage für den Ganzjahresbetrieb. Sichtbar vom Tal und in vollem Umfang insbesondere von den umliegenden Aussichtspunkten wie Maria Ruh oder dem Spitznack.
Es handelt sich dabei um „Allerweltsbauten“. Völlig ohne Bezug zur Baukultur des Mittelrheins und völlig ohne Bezug zum Ausschreibungstext. Denn in diesem wird gefordert, den Spuren der Kulturgeschichte nachzugehen und dem Mythos nachzuspüren oder einfach nur das Naturerlebnis des Aussichtspunktes zu genießen. Diese Hotelanlage ist nicht einmal ansatzweise in Verbindung zu bringen mit dem „Erwecken des Mythos Loreley“. Es entsteht ein gigantischer Hotelkomplex, wie er an vielen Orten der Welt bereits errichtet ist. Der Investor selbst weist beispielhaft auf die Ferienanlage in Travemünde (Ostsee) hin.
Teilbauantrag gestellt
Jetzt ist ein Teilbauantrag für das Loreley-Plateau gestellt. Es soll in völliger Abweichung vom Siegerentwurf mit dem Bau der Verkaufsobjekte begonnen werden. Start für die gesichtslose Allerwelts-Baugestaltung auf dem Loreley-Plateaus.
Das kann nur noch die UNESCO stoppen. „Absolut nicht mit dem außergewöhnlichen universellen Wert dieser Welterbestätte, nicht mit dem Mythos Loreley vereinbar“ hatte sie entschieden. Unter Berücksichtigung dieser eindeutigen Aussage ist zu unterstellen, dass sie bei dieser ablehnenden Haltung bleiben muss. Das SlowDown Loreley ist größer als das abgelehnte Hotel und mit Hauptgebäude, Hotel-Villen und weiteren Hotelgebäuden zu einer gigantischen Hotelanlage erweitert. Seit vielen Jahren bemüht sich die Schwesterstadt St. Goar in ihrem Ortsteil Werlau ein Feriendorf zu errichten. Ohne Erfolg! Bisher hat die UNESCO regelmäßig entschieden, dass dieses Feriendorf nicht vereinbar ist mit dem Welterbestatus des Oberen Mittelrheintals.
Die Entscheidung der UNESCO zum Projekt „SlowDown Loreley“ steht noch aus. Möglicherweise weil sie vom tatsächlichen Umfang der Bebauung noch nicht unterrichtet ist. Baut Rheinland-Pfalz dennoch, würde der Eintrag in die „Rote Liste“ erfolgen müssen. Dort sind bereits bekannte Plätze wie die Innenstadt von Wien oder die alten Hafenanlagen von Liverpool aufgelistet. Nicht mit dem Welterbestatus vereinbare Baumaßnahmen sind in beiden Fällen der Grund für den Eintrag. In Wien der Bau eines Hochhauses am Stephansdom. In Liverpool die Bebauung der geschützten Hafenanlagen. Auf die „Rote Liste“ werden Welterbestätten gesetzt denen eine Aberkennung des Welterbetitels droht.
Loreley – Nürburgring
Das Loreley-Plateau muss ein Erfolgsmodell werden. Egal was es kostet. Ähnlich war bereits am Nürburgring argumentiert worden. „Das ist auf dem Loreley-Plateau anders,“ sagt Verbandsbürgermeister Mike Weiland. „Hier investiert ein privater Investor.“ Genau das zeigt Vergleiche zum Nürburgring, denn dort war 2009 die Privatfinanzierung des zu großen Ausbaus des Nürburgrings spektakulär gescheitert. Dieser kostete rund 330 Millionen Euro. Als sich kein Investor fand, musste das Land einspringen.
Mindestens 120 Millionen Euro werden auf dem Loreley-Plateau investiert. Etwa 30 Millionen Euro davon stammen aus öffentlichen Kassen. Allein der sogenannte Landschaftspark hat bereits mindestens 10 Millionen Euro verschlungen. Diese Umgestaltung der bisherigen Naturfläche auf dem Plateau wurde vertraglich zwischen Investor und Planungsverband Loreley vereinbart. Der Investor war dann bereit, für sein Bauvorhaben weitere 85 Millionen auszugeben. Eine Bürgschaft gibt es nicht. Die Beteiligung des Investors an den Erschließungskosten ist noch nicht abschließend geklärt.
Mit dem Verkauf der etwa 300 Wohneinheiten der Hotel-Villen kann der Investor die Einnahmen für seine in Aussicht gestellten Investitionen erzielen. Loreley ist ein Name, der als Verkaufsargument nicht besser klingen könnte. Auf der Basis des bestehenden Vertrages kann der Investor jederzeit und ohne Konsequenzen aus dem Projekt aussteigen. Eine Kostenregelung liegt dazu nicht vor. Zieht der Investor sich mit Erreichen seines Verkaufszieles aus dem Projekt zurück, ist die Öffentliche Hand gefordert. Die Erschließung des Loreleyplateaus, der Bau von Verkehrswegen, der Kauf von Grundstücken und die gesamten Folgekosten verbleiben bei der Öffentlichen Hand, wenn dieses „Privatinvestorenmodell“ nicht funktioniert.
Die gleichen Folgen treffen die Öffentliche Hand wenn die UNESCO sich gegen den Großbau entscheidet. Die Öffentlichkeit muss dann die weitere Projektierung übernehmen und finanzieren. Ähnlich wie am Nürburgring also.
Rettet die Loreley
Die BI Rheinpasssagen wird ihre Bemühungen fortsetzen, das Welterbe Oberes Mittelrheintal zu erhalten. Die Aufgabe der Baupläne für die gigantische Hotelanlage auf dem Lorley-Plateau dürfte der Erfolgsweg dahin sein. Sie ruft auf: „Rettet die Loreley“
Stellungnahme des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz zum Hotelprojekt der NIDAG AG auf dem Loreley-Plateau
Vorbemerkung
Der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz (RVDL) steht dem jetzt vorgelegten Entwurf für eine 700-Betten-Hotelanlage auf dem Loreley-Plateau wegen des enormen Bauvolumens, der ungelösten Parkplatzfrage und der damit verbundenen Zerstörungen des Landschaftsbildes sehr kritisch gegenüber, auch wenn er die Bemühungen der NIDAG AG um eine landschaftsverträgliche Hotelarchitektur auf dem Loreley-Plateau anerkennt. Der RVDL fordert daher sowohl das Land Rheinland-Pfalz, die Verbandsgemeinde Loreley, die Stadt St. Goarshausen, die Ortsgemeinde Bornich, die Kreisverwaltung des Rhein-Lahnkreises als auch die NIDAG AG als Investor dringend dazu auf, eine einvernehmliche Lösung zu finden, um das Bauvolumen der geplanten Hotelanlage zu reduzieren und auf einen Großparkplatz in unmittelbarer Hotelnähe zu verzichten, damit die UNESCO Welterbelandschaft Oberes Mittelrheintal auch auf dem Hochplateau des Loreleyfelsens in ihrer Besonderheit sichtbar und erlebbar bleibt. Diese international bekannte Kultur- und Naturlandschaft muss auch im Bereich des Höhenplateaus respektiert und geschützt werden und darf nicht ökonomischen Verwertungsinteressen und –zwängen, die zu irreversiblen Eingriffen in das Landschaftsbild führen, untergeordnet werden. Der RVDL fordert daher den Investor auf, so schnell wie möglich auch Ansichten des Hotelkomplexes von der Kreisstraße her vorzulegen und die tatsächlichen Ausmaße der Hotelbebauung durch das Aufstellen von Gitterstangen bzw. Baugespannen im 1:1-Maßstab auf dem Baugrund nachvollziehbar zu machen. Zudem rät er den Verantwortlichen, die Landschafts- und Denkmalverträglichkeit des Gesamtentwurfs vor Baubeginn unbedingt einer Überprüfung durch ICOMOS zu unterziehen. Nur so kann die bestehende Gefahr abgewendet werden, dass das Welterbe Oberes Mittelrheintal wegen eines überdimensionierten Hotelbaus auf die „rote Liste“ der UNESCO gesetzt wird und am Ende seinen Welterbestatus verliert.
Hotelanlage in einem international bedeutenden Landschaftsraum
An dem vorliegenden Entwurf zeigen sich geradezu beispielhaft die großen Probleme, die sich mit dem Bau einer 700-Betten-Hotelanlage in einer bislang weitgehend unbebauten, international bedeutenden Kultur- und Naturlandschaft ergeben. Der in der Nähe des Loreleyfelsens gelegene Baugrund – eine almartige Wiese mit Ausblicken auf die Höhenzüge der gegenüberliegenden Rheinseite – befindet sich nicht nur in der unmittelbaren Nähe eines der berühmtesten, durch Heinrich Heine und die Romantik weltweit bekannt gewordenen deutschen Erinnerungsortes, sondern auch im Zentrum einer der weltweit bekanntesten sowie landschaftlich, kultur- und geogeschichtlich bedeutendsten Flusslandschaften, die seit 2002 den Status eines UNESCO-Welterbes besitzt. Zu dieser Flusslandschaft gehören neben den vom Tal aus sichtbaren imposanten Felsformationen und Hanglagen mit ihren Burgen und kleinen Städten ganz wesentlich auch die Höhenzüge und hochgelegenen Landschaften des Rheinplateaus, unter denen dem Loreley-Plateau eine herausragende Bedeutung zukommt. Zusammen mit dem Loreleyfelsen ist es der sprichwörtliche Höhepunkt des Welterbegebiets.
Loreleyfelsen und Loreleyplateau bilden eine landschaftliche Einheit, die aus unterschiedlichen Perspektiven – von unten wie von oben – wahrgenommen und erlebt werden muss. Nähert man sich dem Loreleyfelsen im Tal auf dem Rhein von Süden, baut er sich nach einer engen Flusswindung abrupt in seiner ganzen Mächtigkeit vor dem Betrachter auf. Nähert man sich ihm hingegen auf dem Höhenplateau aus östlicher Richtung von der Landstraße St. Goarshausen-Bornich, öffnet sich zunächst der Blick über almartige Wiesen und sanft geschwungene Höhen bis zum Horizont auf ein gänzlich anderes, weitgestaffeltes Landschaftspanorama. Erst mit einer weiteren Annäherung lässt sich das Flusstal erahnen und davor der mythenumrankte Felsen der Loreley. Die in dessen Nähe erkennbar werdenden Bauten – so auch die von Bäumen umstandenen Aussiedlerhöfe der 1950er Jahre – haben sich bisher dem Gesamterscheinungsbild des Plateaus als großartigem Naturraum untergeordnet und damit auch die beschriebenen Ausblicke nicht beeinträchtigt.
700-Betten-Hotelanlage als Sperrriegel in der Welterbelandschaft
Die weitgehende Erhaltung dieser beeindruckenden Gegebenheiten mit ihrer kennzeichnenden Prägung durch Wiesen, Äcker und Waldareale sowie ihren Aussichtspunkten war ausschlaggebend für die Preisträger-Entscheidung in dem 2014 durchgeführten Wettbewerb „Hotelanlage auf dem Loreley-Plateau“. Selbst wenn der damalige Siegerentwurf nicht als Grundlage für die jetzt erfolgende Hotelbebauung dient und seine Gestaltung zur Kreisstraße hin ebenfalls Probleme aufgeworfen hätte, so liefert er doch wesentliche Orientierungspunkte für eine das Landschaftsbild respektierende Architektur. Der jetzt aktuelle Entwurf der NIDAG AG lässt diesen Respekt vor dem besonderen Landschaftsraum lediglich im Bauabschnitt der sog. „Weinbergterrassen“ erkennen, während vor allem die geplanten 15 Hotelvillen, die teilweise bis zu vier Geschosse hoch aufragen, den Landschaftsraum in der Gesamtansicht wie mit einem monumentalen Sperrriegel zubauen würden. Eine Bebauung der an die Kreisstraße und den aufgegebenen Campingplatz grenzenden Wiese in einer Dichte und Dimensionierung, wie sie die aktuellen Pläne der Investoren vorsehen, sowie die Anlegung eines privaten Großparkplatzes entlang der gegenüberliegenden Seite der Kreisstraße würden dieser einmaligen Höhenlandschaft einen irreparablen Schaden zufügen. Da von diesen Hotelvillen und dem geplanten Großparkplatz bislang nur computersimulierte Fern- und Draufsichten gezeigt wurden, die das Problem der Sperrriegelwirkung kaschieren, während die für das Landschaftsbild so wichtige Ansicht von der Kreisstraße her vollkommen fehlt, vermag sich die Öffentlichkeit von der Gesamtwirkung der Hotelanlage bislang kein zutreffendes Bild zu machen. Schon jetzt kann jedoch festgestellt werden, dass vor allem die Anzahl von 15 freistehenden Hotelvillen für das Landschaftsbild des Loreley-Plateaus äußerst nachteilig wäre und daher eine Reduktion um mindestens 5 Villen gefordert werden muss.
Ungelöstes Parkplatzproblem
Zu den dringlichen, noch vollkommen ungeklärten Problemen gehört aber auch die Lage der Parkplätze, die bei einer Gesamtkapazität der Hotelanlage von ca. 700 Betten ebenfalls ein enormes Raumvolumen beanspruchen. Dieses Raumvolumen kann aus Landschaftsschutzgründen keinesfalls – wie bereits vom Investor geplant – auf dem gegenüberliegenden, unmittelbar an der Kreisstraße befindlichen Wiesengrundstück geschaffen werden. Denn dadurch würde sich ein zusätzlicher weitreichender Eingriff in das Landschaftsbild ergeben, dessen Auswirkungen im Übrigen auch vom Hochplateau „Maria Ruh“ auf der gegenüberliegenden Rheinseite negativ sichtbar würden. Die Sichtbarkeit der Hotelanlage vom gegenüberliegenden Hochplateau ist auch grundsätzlich ein äußerst sensibler Punkt, zumal im Winter auch keine belaubten Bäume die Baukörper verbergen und daher unmittelbar im Sichtfeld liegen. Dieses Problem muss zufriedenstellend gelöst werden, selbst wenn das Hotel vom Rheintal aus unsichtbar bleiben sollte.
Gefährdeter Welterbestatus
Der RVDL sieht in dem überdimensionierten Bauvolumen und der Parkplatzfrage ungelöste zentrale Probleme, die einer positiven Gesamtbewertung entgegenstehen, auch wenn er das Bemühen der NIDAG AG um einen landschaftsverträglichen Gesamtentwurf durchaus anerkennt. Von daher fordert er die Investoren dazu auf, das Bauvolumen vor allem im Bereich der geplanten Hotelvillen zu reduzieren und die Landschafts- und Denkmalverträglichkeit des Gesamtentwurfs vor Baubeginn unbedingt einer Überprüfung durch ICOMOS zu unterziehen. Nur so kann die bestehende Gefahr abgewendet werden, dass das Welterbe Oberes Mittelrheintal auf die „rote Liste“ der UNESCO gesetzt wird und am Ende seinen Welterbestatus verliert.
Die Lenkungsgruppe Loreley plant seit 2016 die Neugesstaltung des Loreley-Plateaus im Welterbe Oberes Mittelrheintal unter Leitung der Vizepräsidentin der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier, Frau Begoña Hermann.
Der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz ist Mitglied dieser Lenkungsgruppe.
Im folgenden möchten wir Ihnen den 2019 vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz offiziell in die Beratungen der Loreley-Lenkungsgruppe eingebrachten Alternativvorschlag zur Baumassenverteilung und zur Baukörperausbildung des auf dem Loreley-Plateau seit 2016 geplanten Beherbergungsbetriebs vorstellen.
Auf der Grundlage der bisher von der NIDAG Neubau Immobilien Development AG zur Diskussion gestellten Vorschläge für eine Hotelanlage auf dem Loreley-Plateau hatte der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz im Jahr 2019 eine Alternative ins Gespräch gebracht. Dafür waren folgende Aspekte maßgebend:
In der Begründung zum Bebauungsplan „Loreley (3. Änd.)“ vom 9.3.2017 ist als Planungsziel die Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen für die Realisierung des preisgekrönten Wettbewerbs-Entwurfs genannt. Auf den Seiten 86 und 87 dieser Begründung lässt sich jedoch ein mehrflügeliger Hotelbaukörper erkennen, dessen Ausformung grundlegend von dem Wettbewerbs-Siegerentwurf abweicht. Offensichtlich handelt es sich um den ersten Hotelentwurf des Investors. Vermutlich war dieser auch schon Gegenstand des zwischen der NIDAG AG und dem Planungsverband Loreley am 20.12.2016 abgeschlossenen Städtebaulichen Vertrags.
Der Investor hat bereits eine ähnliche Anlage an der Ostsee realisiert, die dort unter dem Begriff „SLOW DOWN Travemünde“ vermarktet wird. Die Anlage umfasst neben einem großdimensionierten Hauptbau zahlreiche gleichgestaltete Punkthäuser mit Ferienwohnungen.
Die in den letzten Loreley-Diskussionsrunden vorgestellten Entwürfe orientierten sich am Vorbild Travemünde, hier unter dem Begriff SLOW DOWN Loreley. Angesichts der Bedeutung des Bauplatzes an exponierter Stelle des Welterbegebiets vertritt der Rheinische Verein die Auffassung, dass auch bei Billigung grundlegender Elemente des vorgestellten Investoren-Konzepts Folgendes Beachtung finden sollte:
Entsprechend dem Sinngehalt maßgeblicher Festlegungen des Städtebaulichen Vertrags („mindestens 220 Betten“) lässt sich zwar eine Bettenkapazität von etwas mehr als 220, nicht jedoch eine von 700-800 rechtfertigen. Der Alternativvorschlag des Rheinischen Vereins trägt dem durch die Begrenzung der Anzahl der Ferienwohnungshäuser („Hotelvillen“) auf sieben statt 12-15 weitgehend Rechnung.
Im Zentrum des Welterbegebiets muss sich ein Hotelbau an kennzeichnenden Gestaltungselementen anderer Außenbereichsbauten dieser einmaligen Landschaft orientieren. Dazu gehört in erster Linie das geneigte Dach mit Schieferdeckung. Dies macht einen Bau auch optisch niedriger und damit im Landschaftsraum weniger auffällig.
Ein Hotelbau an der berühmtesten Stelle des Welterbegebiets muss für sich als ein wohlproportioniertes Alleinstellungsmerkmal wahrgenommen werden. Dessen Formensprache sollte „Würde“ ausstrahlen – bewusst in Anlehnung an historische Außenbereichs-Großbauten der Region. Als Würdeform per se erweist sich eine axialsymmetrische Dreiflügelanlage.
Dem ankommenden Besucher muss sich das Hotel in einer einladenden Geste präsentieren. Dazu eignet sich unter Berücksichtigung der Geländesituation beispielsweise eine konkav einschwingende Fassade des Mittelflügels.
Die zwischen den beiden Seitenflügeln anzulegende Terrasse reagiert auf das hangabwärts gerichtete Gelände und bietet trotz der Nichteinsehbarkeit des Rheintals eine einzigartige Aufenthaltsqualität.
Hartmut Fischer vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz (RVDL) informierte über die Entschließung der Jahresmitgliederversammlung des RVDL-Regionalverbandes Mainz vom 4. Februar dieses Jahres.
Entschließung der Jahresmitgliederversammlung am 4.2.2020 zum Bau einer Hotel- und Ferienwohnungsanlage auf dem Loreley-Plateau
Seit mehr als drei Jahren werden hinter verschlossenen Türen die Pläne der Neubau Immobilien Development AG (NIDAG AG) erörtert, in erheblicher Abweichung vom Ergebnis des 2014 durchgeführten Wettbewerbs auf dem Loreley-Plateau eine Hotel- und Ferienwohnungsanlage mit ca. 800 Betten zu errichten. Die NIDAG AG hat in Travemünde bereits ein Projekt ähnlicher Art unter der Bezeichnung „SLOW DOWN Travemünde“ realisiert. Als irritierend erweist es sich in diesem Zusammenhang, dass die Begründung zur 3. Änderung des Bebauungsplans „Loreley“ weiterhin von der Realisierung des obsiegenden Wettbewerbsentwurfs ausgeht, und zwar mit einem Nachweis der erforderlichen Pkw-Stellplätze auf dem Hotelgrundstück.
Das Loreley-Plateau liegt im Kernbereich des Welterbegebiets ‚Oberes Mittelrheintal‘. Damit berühren alle das Plateau betreffenden Planungen auch überörtliche Interessen. Höchstmögliche Transparenz im Entscheidungsfindungsprozess erweist sich deshalb als zwingend. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund der Tatsache, dass es nunmehr für den außerhalb des Hotelgrundstücks zu erbringenden Stellplatznachweis eines weiteren Bebauungsplanverfahrens bedarf.
Angesichts dieser Sachlage hält es der RVDL-Regionalverband Mainz für unerlässlich, die Öffentlichkeit unverzüglich über den aktuellen Sachstand zu unterrichten und ihr die Möglichkeit einzuräumen, sich über das Pro und Contra der geplanten Abweichung vom Wettbewerbsergebnis eine Meinung zu bilden.
Ergänzend wies Hartmut Fischer darauf hin, den Verantwortlichen sei inzwischen gedämmert, dass der Nachweis der gem. § 47 Landesbauordnung zu schaffenden PKW-Stellplätze wohl kaum auf einem gegenüber an der Kreisstraße befindlichen Grundstück zu schaffen wäre, da hierfür ein Bebauungsplan aufgestellt werden müsste: „Da ist viel Gegenwind zu erwarten.“
Inwieweit der Bauherrin NIDAG AG der Stellplatznachweis auf dem ihr gehörenden Hotelgrundstück gelingt, sei völlig offen.
Ein nicht zu unterschätzendes Problem stellt nach Auffassung des RVDL-Regionalverbandsvorsitzenden die Tatsache dar, dass trotz Aufforderung von Beteiligten der Investor bis heute keine Visualisierung des Projekts vom linksrheinischen Aussichtspunkt „Maria Ruh“ in Urbar vorgelegt habe, obwohl bekannt sei, dass nicht nur der Blick vom Talraum aus, sondern auch von den Rheinhöhen entscheidend sei für ein positives Votum des Welterbekomitees.
Die Bürgerinitiative „Rheinpassagen“ hat sich zum Ziel gesetzt, das Welterbe Oberes Mittelrheintal im Sinne des UNESCO-Leitgedankens so zu erhalten, dass es „unversehrt an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben ist“.
Herzstück des Welterbes ist das Loreleyplateau. Es wird umgestaltet. Die Loreleybühne ist erweitert und nun mit seinem weißen Zeltdach im Welterbetal nicht mehr zu übersehen. Der zweite Bauabschnitt folgt jetzt. Das Loreleyplateau befindet sich in der Umgestaltungsphase von der Naturfläche hin zu einem sogenannten „Landschaftspark“. Ein Bauabschnitt ist abgeschlossen, weitere sind in der Vorbereitung. Wesentliche Veränderung wird der Hotelkomplex bringen, der auf und am Gelände des ehemaligen Campingplatzes errichtet wird. Das mindestens Viersternehotel mit Wellnessbereich und mehreren Restaurants wird nach den bekannt gewordenen Plänen als dreiflügeliger Bau in einer Höhe von bis zu sechs Geschossen gebaut und im Ganzjahresbetrieb als Tagungshotel betrieben werden. Zusätzlich werden dort fünfzehn Ferienhäuser mit je sechs Geschossen und einer Gesamtkapazität von 800 Betten errichtet. Die Erschließung des Plateaus ist durchzuführen und für den hohen Wasser-, Abwasser- und Energiebedarf auszulegen. Flächen für den Bau von Parkplätzen sind von der VG zu kaufen oder wurden bereits gekauft. Für den Hotelbau ist eine entsprechend große Ausgleichfläche zu beschaffen und zu unterhalten. Das ehemalige Turnerheim wird zu einem Restaurant umgebaut und soll von der VG Loreley über einen Pächter betrieben werden, der nur einen Bruchteil der Kosten übernimmt.
Das Gesamt-Investitionsvolumen wird auf mindestens 30 Mio. Euro einzustufen sein. Kosten- und Erfolgsrechnungen mit Aussagen zu den wirtschaftlichen Auswirkungen (Gewinne oder Verluste) sind für das Loreleyplateau nicht erstellt. Herr Bürgermeister Groß hat selbst dargelegt, dass es bis heute keine finanziellen Planungen für die Folgekosten gibt.
Alle zugänglichen Informationen sagen voraus, dass der Betrieb des Loreleyplateaus der VG Loreley dauerhafte Verluste bringen wird. Die Finanzlage der VG Loreley ist seit mehreren Jahren angespannt. Hier einige Schlaglichter aus den Haushaltsschreiben des Rhein-Lahn Kreis an die VG Loreley vom 21.2.2017 und vom 7.1.2020: „Eine geordnete Haushaltswirtschaft ist nicht mehr gegeben, mittel- und langfristig kann nicht mit ausgeglichenen Haushalten gerechnet werden, das Eigenkapital ist in vsl. 4 Jahren aufgezehrt, dann ist die VG bilanziell überschuldet und nicht mehr in der Lage, die originären Aufgaben umfassend zu erfüllen, das darf von den verantwortlichen Organen der VG nicht schicksalhaft hingenommen werden“ und: „nachfolgende Generationen zahlen zukünftig für ein Vermögen, das heute bereits verbraucht ist“.
Ein Überblick über die Finanzsituation der VG Loreley unter Berücksichtigung der Haushaltsschreiben des RLK
2017
2020
2023
Verbindlichkeiten Gesamt
15.670.000€
17.180.000€
2.090.000€
Freie Finanzspitze
– 649548€
– 1.718.000€
– 3.700.000€
Verschuldung Pro Kopf
924€
1027€
1.260€
VG-Umlage %
42,80
43,50 / 45,5*
???**
* Forderung des RLK für 2020 zur Einnahmeerhöhung
** Ein Prozent der VG-Umlage entspricht 151.140€. Die Kostenentwicklung für den Loreleyumbau bestimmt die VG-Umlage zur Deckung des Haushalts der VG.
Die Entwicklung
Trotz dieser sich immer weiter verschlechternde Haushaltssituation trat und tritt die VG Loreley als Bauherr für den Umbau des Loreleyplateaus auf. Kann die VG Loreley sich das leisten oder wird sich die ohnehin schon angespannte Haushaltslage weiter verschlechtern?
Hierzu einige Fakten
Die Folgekosten für die Unterhaltung des „Landschaftsparks“ liegen bei der VG Loreley. Einnahmen aus Eintrittsgeldern sind wegen des Einsatzes von Bundesmitteln nicht zu erzielen.
Die Planungen für den Umbau des Turnerheims zu einem Restaurant sind konkret (Niederschrift Sitzung VG-Rat vom 16.5.2019). Die Baukosten belaufen sich auf 3.000.000€. Mit dem Pächter ist die Zahlung eines Grundbetrags in Höhe von 3333.33€/Mon als Pacht vereinbart. Der kann sich dann erhöhen, wenn der Jahresumsatz über einen Betrag von 400.000€/Jahr hinausgeht (Umsatzbeteiligung 10%). Einer Investition in Höhe von mindestens 3 Mio.€ stehen einigermaßen gesicherte Einnahmen in Höhe von maximal 40.000€/Jahr entgegen. Die würden unter der Voraussetzung, dass die Pachteinnahmen regelmäßig und in der vereinbarten Höhe erreicht werden in frühestens 75 Jahren zu amortisieren sein, wobei Kapital-, Betriebs- Abschreibungs- oder Unterhaltungskosten nicht berücksichtigt sind. Das Risiko einer Pachtminderung durch Umsatzrückgang oder des Pachtausfalls bei Kündigung des Vertrages (gleich von wem) liegt bei der VG Loreley.
Die VG Loreley berücksichtigt die Vorschläge des Pächters zur Ausgestaltung des Restaurants ohne, dass sich der Pächter an den Kosten beteiligen muss und ohne Verpflichtung zur Erstattung von Kosten bei einer vorzeitigen Vertragskündigung.
Im Städtebaulichen Vertrag (StVertrag) zwischen dem Investor und dem Planungsverband Loreley für das Hotelprojekt ist vereinbart
Der Investor stellt in Aussicht, sich an den Erschließungskosten zu beteiligen. Die über eine Beteiligung des Investors hinausgehenden Kosten verbleiben beim Planungsverband (§ 4 (2, a) StVertrag). Der hat aber keinen Haushalt und kein Geld.
Der Planungsverband betraut die Verbandsgemeindewerke damit, ab dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (Dezember 2016) die für die Ertüchtigung der Entwässerungs- und Wasserversorgungsanlagen erforderlichen Planungen voranzutreiben (§ 4 (3) StVertrag). Im Haushaltsplan 2017 der VG Loreley sind 4.900.000€ für die Verbandsgemeindewerke eingestellt. Das zahlen am Ende alle Einwohner in der VG Loreley anteilig über die persönlichen Rechnungen.
Der Investor verpflichtet sich, innerhalb einer Woche nach Inkrafttreten der 3. Änderung des Bebauungsplans zur Zahlung von (anteilig) 141.111,99 € (Der Planungsverband hat sie nicht eingefordert).
Obwohl der Investor wegen seiner Bautätigkeit zur Schaffung von Ausgleichflächen verpflichtet ist, übernimmt er nur Kostenanteile für die Ausgleichsfläche. Die verbleibenden Kosten trägt demnach der Planungsverband. Die Folgekosten sind nicht geregelt, sie verbleiben demnach ebenfalls beim Planungsverband.
Hinweis: Der Planungsverband ist Vertragspartner des Investors. Es wäre zu klären, wie der Planungsverband die Vereinbarungen im StVertrag ohne eigenen Haushalt erfüllen wird.
Die UNESCO hat zurückliegend die Zustimmung zum Bau eines Hotels mit 600 Betten verweigert. Auch dem Bau eines Feriendorfs in St Goar – Werlau verweigert sie die Zustimmung. Stuft die UNESCO die 15 Ferienhäuser zusammen mit dem Hotel als Feriendorf ein, oder sieht sie in der hohen (gegenüber der „alten“ Planung erhöhten) Bettenzahl einen Verweigerungsgrund zur Zustimmung, wäre das Projekt zu beenden. Die bis dahin entstandenen Kosten für Bauplanung oder Erschließung blieben beim Planungsverband.
Es sollen von der VG Loreley weitere Grundstücke auf dem Plateau für mehr als 400.000€ gekauft werden. Der Grundstückswert ergibt sich aus einem Gutachten, das die VG Loreley in Auftrag gegeben hat. Es bewertet die Grundstücke mit dem 13.5fachen Wert on landwirtschaftliche Flächen. Das gesetzlich gesicherte Vorkaufsrecht von Landwirten, die diese Grundstücke gerne kaufen möchten, wird ausgehebelt.
Die VG Loreley wird eine Multifunktionsfläche“ einrichten. Die Kostenschätzung für die Baumaßnahmen belaufen sich auf 600.000€ (Niederschrift Sitzung VG-Rat vom 16.5.2019). Der Kaufpreis für die Grundstücke ist unbekannt. Die Multifunktionsfläche soll der BUGA 2029 als Vorhaltefläche (Parkplätze für Pkw und Busse) dienen.
Das Löschwassersystem auf dem Loreleyplateau ist zurückliegend bereits als nicht ausreichend beanstandet worden. Mit der Ausweitung der baulichen Anlagen auf dem Loreleyplateau ist sie an die neuen Ansprüche anzupassen, neu zu erstellen. Die Kosten trägt die VG Loreley. Damit also wieder alle Städte und Gemeinden und alle Einwohner.
Ein Feriendorf auf der Loreley mit 800 Betten stellt eine massive, mit Steuermitteln geförderte Konkurrenz für alle Hotels und Gasstätten in der Region dar. Die Existenz dieser Betriebe ist gefährdet. Die Ortsgemeinden finanzieren diese Konkurrenz ohne Informationen über die Auswirkungen zu haben. Nach einem „Ausstieg“ des Investors aus dem Bau oder Betrieb des Feriendorfs werden dauerhafte Subventionspflichten entstehen, oder es kommt zu einer Bauruine auf dem Loreleyplateau. Alle üblichen Bürgschaften und Rückbaugarantien von Seiten des Investors wurden von der VG Loreley abgelegt.
Geplant ist zusätzlich die Errichtung einer „Kommunalen Loreley GmbH“. Der Vertragsentwurf sieht vor, dass jährlich bis zu 900.000€ an Verlusten über den Haushalt der VG Loreley übernommen werden. Die Kommunale GmbH nimmt damit zunächst die je Geschäftsjahr entstandenen Verluste aus dem Betrieb des Landschaftsparks auf, um diese dann letztlich wieder aus dem Haushalt der VG Loreley auszugleichen. Das kann nicht die Lösung des grundsätzlichen Problems sein, sondern nur eine Verlagerung auf eine andere Stelle ohne Mitsprache des Rates der VG Loreley darstellen.
§ 13 aus dem Vertragsentwurf für die GmbH:
(2) Jahresverluste der Gesellschaft werden von der Verbandsgemeinde Loreley allein abgedeckt. Die Verbandsgemeinde Loreley verpflichtet sich ferner, die Tilgung aller von der Gesellschaft aufgenommenen Darlehen sicherzustellen.
(3) Die Gesellschafter werden zur Deckung der anfallenden Kosten jährlich anhand eines Wirtschaftsplans (§ 11) im Voraus für das folgende Wirtschaftsjahr weitere Einzahlungen in die Kapitalrücklage (Betriebskostenzuschuss) beschließen. Der allein von der Verbandsgemeinde als Gesellschafterin zu leistende jährliche Betriebskostenzuschuss beträgt höchstens: 900.000€.
Damit haftet die VG Loreley unbegrenzt für alle Schulden der neuen kommunalen GmbH. Die Folge wäre wiederum die massive Anpassung der VG-Umlage bei allen Städten und Gemeinden. Der Rat der VG Loreley hat dann jedes Jahr nur noch die Option, alles an Geld für die GmbH freizugeben oder einem Insolvenzantrag zuzustimmen und damit das Scheitern öffentlich zu beschließen. Diese Situation kennen wir alle vom Nürburgring und daraus sollte man gelernt haben.
Für alle Projekte auf dem Loreleyplateau ist eine seriöse finanzielle Planung mit Erfolg versprechendem und kostendeckendem Betriebskonzept zu erstellen. Ohne diese Grundlagenplanung drohen allen 24 Ortsgemeinden der VG Loreley unabsehbare finanzielle Belastungen. Eine Übersicht dazu haben wir in der Anlage beigefügt.
Bitte diskutieren Sie alle diese Fragen und Unwegsamkeiten mit den Kolleginnen und Kollegen in den Räten und auch mit den Bürgern in Ihren Gemeinden. Letztlich muss ein Konzept herauskommen, dass alle Beteiligten mittragen können, weil der Umbau des Loreleyplateaus ohne jeden Zweifel der zukünftigen positiven Entwicklung der Kommunen dient und auch die Belange von Umwelt- und Naturschutz berücksichtigt. Der Bau von Straßen, Kranken- und Pflegeeinrichtungen oder Schulen und Straßen in den Ortsgemeinden ist viel wichtiger, als ein verwirklichtes Projekt eines Investors. Der Handlungsspielraum der Ortsgemeinden für eigene Projekte und Investitionen muss vorrangig bleiben und darf nicht unter den Verlusten auf dem Loreleyplateau leiden.
Es dürfte kaum Zweifel daran geben, dass das Loreleyplateau zum Erhalt ihres weltbekannten, einzigartigen Charmes der Renovierung bedarf. Das muss aber in einem finanziell verantwortbaren, betriebswirtschaftlich sinnvollem Maß erfolgen, und den Fortbestand des zentralen Punktes des Welterbes im Sinne der UNESCO berücksichtigen. Lassen Sie uns gemeinsam einem solchen Weg finden.
Quelle: Schreiben der BI-Rheinpassagen an alle Kommunen, Hotels und Gastronomiebetriebe der VG Loreley